Christian

Gespräch am 1. März 2019 mit Christian

Christian ist für unsere Solawi ein seltener Glücksfall – er verbindet privates Interesse an gutem Gemüse mit seinem beruflichen Engagement für Landwirtschaft und Naturschutz in besonders gelungener Weise. Und er hatte mit seiner freundlichen, zurückhaltenden und hilfsbereiten Art sicher eine wichtige Rolle im UR-Orgateam.

Christian lebt in Windecken/Nidderau im Main Kinzig Kreis und setzt damit eine Tradition fort: Seine Großmutter lebte dort und auch seine Mutter tut es heute noch – sie arbeitete als Industriekauffrau. Sein Vater, der kurz vor dem Mauerbau aus Berlin nach Offenbach flüchtete, war Chemielaborant. Die Beiden lernten sich kennen und lieben, heirateten und lebten dann gemeinsam –quasi selbstverständlich – in Windecken; erst bei der Großmutter und dann in einem eigenen Haus dort.

Christian ist 1971 in Hanau geboren und natürlich auch in Windecken aufgewachsen. Zur Schule musste er später per Bus nach Hanau. Dort machte er auch sein Abitur. Wie viele junge Abiturienten wusste auch er nicht genau, was er nun eigentlich machen wollte oder sollte. Nur das es irgendetwas mit Landschaft und Natur sein sollte. So hat er dann erst einmal den Zivildienst bei der Stadt Hanau im Naturschutz absolviert. Die Zivis waren viel draußen, haben Hecken gepflanzt, gemäht usw. Eine schöne Zeit und so schloss sich dann ein FH-Studium der Landespflege an, heute eher unter dem Begriff Landschaftsarchitektur bekannt. Dort wurde man also als Landschaftsplaner ausgebildet, der sich mit der Gestaltung von Grünanlagen, Parks etc. aber auch mit Naturschutzthemen beschäftigt. Die Voraussetzung für dieses Studium war eigentlich eine Gärtnerlehre, aber der Zivildienst und ein ¾ Jahr Arbeit bei einem Landschaftsgärtner vor dem Studium wurden als Praktikum anerkannt und damit waren die Voraussetzungen auch erfüllt. Wegen des Studiums, das er 1996 abschloss, zog Christian nach Geisenheim im Rheingau. Und offensichtlich beschäftigte er sich nicht nur mit Grünanlagen, denn er lernte dort eine Dänin kennen und diese Bekanntschaft führte ihn dann bis nach Dänemark. Genauer bis nach Svendborg auf Fünen. Der Aufenthalt dauerte ein Jahr – und als Nebeneffekt sind einige dänische Sprachkenntnisse bis heute übriggeblieben.

Es folgte ein Jahr in Göttingen, nominal an der Uni eingeschrieben hat Christian eigentlich eher in Landschaftsarchitekturbüros gearbeitet. Aber so ganz das Richtige war das alles nicht, also kehrte er nach … Windecken zurück und zwar in das Haus seiner Großmutter. Dort stand eine Wohnung leer, die er bezog. Er suchte sich eine Arbeit im Garten- und Landschaftsbau. Es war harte Arbeit, also schippen, graben, Wege anlegen usw.. Zufällig wurde er auf eine Stellenausschreibung aufmerksam: die Landwirtschaftsverwaltung in Usingen suchte jemanden für die technische Inspektorenausbildung, eine Beamtenlaufbahn im gehobenen Dienst. Zur eigenen Überraschung wurde er genommen (andere aber wundert das nicht). Knapp 2 Jahre pendelte er zwischen Windecken mit den alten Freunden und Usingen mit den neuen Arbeitskollegen. Dann kam Mascha ins Spiel, die er auf einer Party bei gemeinsamen Freunden getroffen hatte. Sie arbeitete in Darmstadt und wohnte auch dort. Und Christian dann bald auch. Was allerdings zur Folge hatte, dass er ab 2002 täglich nach Friedberg pendeln musste, denn er hatte mittlerweile nach seiner Ausbildung eine Stelle im Landwirtschaftsamt in Friedberg angenommen.

Dann kam die erste Tochter, Paula, und die Wohnung in Darmstadt wurde zu klein. Die Lösung war natürlich wieder das Haus in Windecken, übrigens Baujahr 1904, Backstein mit 2 Wohnungen, eine davon war immer noch vermietet. In die leere Wohnung zog also die Familie und als Jahre später die zweite Wohnung frei wurde und mittlerweile auch eine zweite Tochter, Franzi, geboren war, wurde umgebaut und das gesamte Haus für die Familie genutzt. Natürlich gibt es einen Garten, der von den beiden Eheleuten betreut wird. Mascha ist nämlich ausgebildete Staudengärtnerin und hatte sogar mal überlegt, ob sie sich vielleicht als Gärtnerin in der Solawi engagiert. Aber dagegen sprach denn doch, dass es eine körperlich sehr anstrengende Tätigkeit ist und der Acker nicht gerade um die Ecke.

Neben der Gartenarbeit gibt es noch ein paar Beschäftigungen: Christian hört gerne Musik – Rock, die alten Sachen aus den 70igern auf Vinyl und CD, er fährt Fahrrad und spielt Badminton und ist im Vorstand des Fördervereins der örtlichen Bibliothek und organisiert dort alles, was so anfällt. Mit zwei Töchtern im Alter von 13 und 15 ist ,Vater sein’ natürlich auch noch ein Job, obwohl er das herunterspielt! Und Reisen nach Frankreich – Mascha hat dafür eine Vorliebe. Letztes Jahr war auch mal Schweden dran, aber dieses Jahr geht es wieder nach Frankreich.

Die berufliche Verbindung zur Solawi hatte ihren Ursprung im Landwirtschaftsamt in Friedberg, genauer in dem Auftrag, die Bewerbung als Ökomodellregion zu verfassen. Dazu organisierte er einen Workshop mit einigen Betrieben der Region um Ideen und Projekte zusammenzutragen, die man hier realisieren könnte. Eine kleine Arbeitsgruppe mit Beteiligten aus Betrieben und Verbänden erarbeitete dann ein Konzept und die Bewerbung wurde gerade noch rechtzeitig fertig. Und sie war erfolgreich. Und nun Achtung: ein angedachtes Projekt in diesem Konzept war die Solidarische Landwirtschaft! Wir sind im Jahr 2015 und wie es das Schicksal so fügt stand in der Zeitung ein Hinweis auf eine Solawi Veranstaltung in Friedberg. Christian ging hin und das war dann auch der Beginn dieser fruchtbaren Zusammenarbeit.

Neben den zukünftigen Solawi-Aktivisten waren auch zwei Landwirte, die Christian kannte, Holger Pabst und Christian Weber, da. Und die vom Amt geförderte Nähe von Erzeuger und Produzent war hier ganz offensichtlich gegeben. Nun stellte Christian im Rahmen seiner Möglichkeiten organisatorische und logistische Hilfen zur Verfügung, z.B. Nutzung des Besprechungsraumes, und ist privat sogar mit in das erste Orgateam eingestiegen. Zu Anfang war natürlich alles Neuland, richtiges landwirtschaftliches Fachwissen gab es nur bei Holger. Dann stieß Gerrit dazu, den Christian und Dieter bei einem Besuch der Solawi Wallernhausen kennenlernten. Damit kam dann zusätzliche Expertise – was die gemeinsame Sache sehr beförderte und so entwickelte sich alles gut. Einer der Höhepunkte war der Gewinn von 5.000€ bei der Umweltlotterie GENAU!, der in Zaun und Öffentlichkeitsarbeit investiert wurde.
Seit 2 Jahren ist Christian nicht mehr im Orgateam, er wurde Fachbereichsleiter Regionalentwicklung und Umwelt, einer von 5 Fachbereichen im Kreis, und das ließ keine Zeit mehr für das Orgateam. Jetzt, da er also nur passives Mitglied ist und nur noch Gemüse abholt, ist es eigentlich richtig gemütlich geworden, wie er meint. Die Verantwortung, das Abwägen und Ringen um die richtige Lösung der Probleme ist weggefallen. ‚Freitags komme ich immer mit Zug und Rad zur Arbeit und nehme dann oft den Rückweg von Dorheim nach Windecken mit der Wochenernte auf dem Rad als sportlichen Event. So eine Tour dauert ca 1,5 h – das macht dann viel Spaß.’

Besonders gut war in seiner Rückschau die vorletzte Saison durch den zusätzlichen Einsatz von Gerrit und einer Hilfskraft. Es gab richtig viel Gemüse. Aber auch die letzte Saison war gut und durch die neue Lagerung von Kohl, Rüben, Kartoffeln etc. gab es bis in den Januar noch Gemüse.


Das Modell Solawi findet Christian sehr gut und richtig. Eigentlich sollte es in jedem Ort so eine Einrichtung geben. Wenn dann jeweils 100 Leute darüber mit ökologischen, regionalen und saisonalen Nahrungsmitteln versorgt werden, wäre viel gewonnen. Die Vereinsgründung bringt sicher nochmal neue Aufgaben mit sich, aber mit den neuen Gärtnern, Gerrit und Holger ist die Solawi gut aufgestellt.


Christian wird auf jeden Fall auch in Zukunft dabei bleiben. Und wir freuen uns mit und über Ihn!